
»Mit Menschen, die man schon lange kennt, hat man schon mehr erlebt. Das ist eine Art von emotionalem Gedächtnis.«
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- 20/03/2017
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- By : erzählmal.
Martin Groß, 25 Jahre |
Wann hast du das letzte Mal geweint?
So lange ist es noch nicht her. Es braucht nicht sehr viel, um mich zum Weinen zu bringen, da ich ein sehr emotionaler Mensch bin. Ich hatte vergangenes Wochenende Besuch von einigen sehr guten Freunden und meiner Familie. Sonntagabend als alle weg waren war ich dann etwas traurig und musste die ein oder andere Träne vergießen. Vielleicht, weil ich mich dann alleine gefühlt habe. Aber sicher auch, weil ich einfach dankbar war, dass sie hier waren. Einsamkeit und Dankbarkeit sind die beiden Emotionen, die mich am häufigsten, vielleicht auch ausschließlich zum Weinen bringen.
Ich hatte meine Freunde, Familie und deren Freunde zum Schokoladenfestival eingeladen. So kam eine Gruppe aus vielen verschiedenen Menschen aus unterschiedlichen Lebensabschnitten zusammen. Und dass alle letztlich wegen mir nach Tübingen gekommen sind, hat mich ziemlich überwältigt.
Am meisten gefreut habe ich mich, dass meine Patentante gekommen ist. Sie hat schon mal hier in Tübingen gelebt und verbindet mit dieser Zeit keine guten Erinnerungen. Aber für unser Wiedersehen konnte sie das überwinden. Das hat mich schon ziemlich berührt. Auch die Tatsache, dass die Freunde meiner Eltern dabei waren, war total super. Sie sind für mich eine Art Familienersatz, weil wir mit meiner eigentlichen Familie weniger zu tun haben. Die waren immer da bei allen großen Ereignissen wie Einschulungen, Weihnachten usw. Sie ersetzen eine Großfamilie, die eigentlich nicht da ist. Ich bin ein Familienmensch und habe mir eine große Familie immer gewünscht, aber nie bekommen.
Gemeinsame Momente dieser Art kommen nicht oft vor, sie sind selten und daher kostbar. Nähe und Präsenz von Menschen, die ich schon lange kenne, sind mir unheimlich wichtig. Diese Beziehungen haben eine andere Qualität als mit Freunden, die zwar nahe sind, die man aber noch nicht lange kennt. Zeit spielt eben doch eine Rolle. Mit Menschen, die man schon lange kennt, hat man schon mehr erlebt. Das ist eine Art von emotionalem Gedächtnis. Nachdem dann alle abgereist sind hat mich die Traurigkeit und Dankbarkeit darüber überkommen.