
»Ich mag es, Leute damit zu überraschen, dass ich gar nicht so doof bin, wie ich aussehe.«
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- 01/03/2017
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- By : erzählmal.
Pascal Zeller ist 22 Jahre alt, studiert Mathematik an der Uni Tübingen und ist ein echter Fitness-Junkie. Der Spagat zwischen Studium und Fitness-Studio ist machbar, aber nicht immer leicht.
erzählmal.: Was für einen Sport machst du?
Pascal: Man könnte es Bodybuilding nennen, ich betreibe es aber eher hobbymäßig. Ich würde mich nicht als Bodybuilder bezeichnen, sondern eher als jemand, der gerne und sehr viel Kraftsport macht. Das ist mein Ding seit ich 14 Jahre alt bin. Sport war mir schon immer wichtig und irgendwann habe ich dann mit dem Kraftsport angefangen.
erzählmal.: Du hast mit 14 Jahren angefangen Kraftsport zu machen?
Pascal: Dazu gibt es eine kleine Story. Wie die meisten Jungs, habe ich als Kind Fußball gespielt. Mit 12 habe ich allerdings eine Wachstumsstörung im Knie bekommen, was für mich bedeutete, dass ich ein Jahr lang keinen Sport machen durfte. Irgendwann kriegt man da die Krise, vor allem wenn man sich gerne auspowert. Bei Knieproblemen stellt sich dann die Frage, was man macht. Man darf nicht Laufen, nicht Fahrrad fahren… Dann habe ich zu Hause angefangen Liegestütze, Klimmzüge und Sit-Ups zu machen, weil das trotz der Knieprobleme ging. Das hat mir Spaß gemacht und relativ schnell Erfolge gezeigt. Ich bin dabei geblieben und ein paar Jahre später dann ins Fitnesscenter. Und heute sehe ich so aus, wie ich aussehe.
»Wenn ich nichts machen würde, würde ich sehr schnell unzufrieden werden.«
erzählmal.: Wie oft in der Woche gehst du trainieren?
Pascal: Da kam mit der Zeit immer mehr dazu. Am Anfang ging ich zwei- bis dreimal die Woche ins Fitnessstudio, inzwischen aber vier- bis fünfmal die Woche. Aber wenn ich fünfmal in der Woche trainieren gehe und das länger durchziehe, merke ich nach einer Weile, dass ich eine Pause einlegen muss. Da werde ich immer schnell krank.
erzählmal.: Was ist deine Motivation?
Pascal: Das ist schwer zu beantworten. Auch wenn es blöd klingt, es ist auf jeden Fall auch der Blick in den Spiegel danach. Ich möchte eben so aussehen, wie ich aussehe, oder eben noch besser. Und ich weiß, dass man dafür arbeiten muss. Wenn ich nichts machen würde, würde ich sehr schnell unzufrieden werden. Das ist ein blödes Gefühl und deswegen mache ich dann auch wieder was. So kommt man irgendwann in eine Art Teufelskreis hinein.
erzählmal.: Warum ist es dir wichtig, so auszusehen?
Pascal: Warum ist es jemandem wichtig, gute Leistungen zu bringen? Warum ist es jemandem wichtig, gut im Studium zu sein? Ich würde sagen, das ist einfach der Ehrgeiz.
erzählmal.: Bei einem Studium haben Viele das Ziel, später einen guten Job zu bekommen oder viel Geld zu verdienen.
Pascal: Aber das ist bei mir auch nicht der Antrieb im Studium. Ich ziehe das Mathestudium nicht durch, weil ich später einen tollen Job mit viel Gehalt haben will, sondern weil mir Mathe Spaß macht und weil ich es ganz gut kann. Und vor allem, weil es eine Herausforderung ist. Das ist die größte Motivation: weil es mich echt fordert. Und beim Training ist es das Gleiche. Klar, das bewirkt auch noch den positiven Effekt im Spiegel, dass man gut aussieht. Aber man kann auch immer wieder über sich hinausgehen, Grenzen überschreiten, zum Beispiel, wenn ich mit Gewichten vorankomme. Früher hätte ich mir nie vorgestellt, dass ich irgendwann 340 Kilo bei der Beinpresse schaffe. Da fühlt man sich dann echt toll.
erzählmal.: Wie oft bekommst du Komplimente für dein Aussehen?
Pascal: Könnte öfter sein [lacht]. Für die Arbeit, die dahinter steckt. Aber das sagt man immer, glaube ich. Meistens sind es Kommentare von Kumpels. Zum Beispiel, wenn ich etwas falsch gerechnet habe, dann kommt so ein Spruch wie: »Ja, Hauptsache du hast’n dicken Bizeps.« Aber das nehme ich dann auch immer als Kompliment auf, oder eben als Witz.
erzählmal.: Eine potentielle feste Freundin – dürfte sie dick sein?
Pascal: Ich würde nicht sagen, dass das nicht möglich wäre. Aber was den ersten Eindruck angeht, bin ich schon ein oberflächlicher Typ. So ehrlich bin ich schon zu mir selbst. Das heißt, es würde schwieriger werden, sie so gut kennenzulernen, dass ich sagen würde »die Figur ist egal, das ist die Eine«. Aber grundsätzlich würde ich nicht Nein sagen.
erzählmal.: Fünfmal Training in der Woche und ein Mathestudium. Wie bekommst du das alles unter einen Hut?
Pascal: Wenn ich um zehn Uhr Uni habe, stehe ich um neun Uhr auf. Dann komme ich um 16/18 Uhr nach Hause und esse. Meistens lerne ich danach oder korrigiere Übungsblätter – ich bin auch Tutor. In letzter Zeit ist es sogar so, dass das meistens bis nachts dauert und ich erst um 24 Uhr loskomme zum Training. Dann bin ich um 2 Uhr wieder zuhause und gehe schlafen. Ich finde das zwar nicht so toll und es wäre mir lieber, wenn ich es früher schaffen würde, aber mit dem Lernen schaffe ich das meistens nicht.
»Wenn es darauf ankommt, kann ich mich disziplinieren, ich kann aber auch locker lassen. Ich finde, man muss da einen gesunden Mittelweg finden.«
erzählmal.: Das klingt sehr diszipliniert. Bist du generell ein disziplinierter Mensch?
Pascal: Wenn ich will, bin ich diszipliniert. Im Studium auch. Es ist nicht so, dass ich immer die Disziplin halten muss, dass es für mich keine Ausnahmen gibt. Ich trinke auch ab und zu Alkohol am Wochenende und lerne auch nicht jeden Tag. Wenn es darauf ankommt, kann ich mich disziplinieren, ich kann aber auch locker lassen. Ich finde, man muss da einen gesunden Mittelweg finden. Ich beneide auch die Leute, die sich ganz krass auf eine Sache spezialisieren und dort wahnsinnig gut sind. Wenn man zum Beispiel ein richtiges Genie ist, nicht feiern geht und nicht so viele soziale Kontakte hat. Das finde ich auf eine Art und Weise auch cool. Aber für mich wäre das nichts.
erzählmal.: Wie läuft es im Studium bei dir?
Pascal: Ich bin ziemlich gut. Ich weiß nicht ob andere vielleicht besser sind. Von den Noten her bin ich zufrieden. Das liegt bei mir auch am Fleiß, man muss sich eben hinsetzen und etwas dafür tun. Man muss sagen, dass es im Mathestudium wirklich einen Unterschied zwischen sehr-gut-Sein und richtig-gut-Sein gibt. Da ist schon nochmal ein richtig krasser Unterschied. Es gibt ein paar Ausnahmestudenten, da fragt man sich: »Ob ich da jemals hinkomme?«
»Ich glaube, ich wäre lieber schmächtig und schlau, als breit und dumm.«
erzählmal.: Würdest du sagen, Fitness ist deine größte Leidenschaft?
Pascal: Nein, nicht unbedingt. Die größte Leidenschaft würde ja bedeuten, dass ich es über alles andere stellen würde. Ich würde das Training aber nie über mein Studium und über das Lernen stellen, weil das auch eine Sache ist, die mir sehr wichtig ist. So wie ich meinen Körper immer weiter verbessern will, gilt das auch für meinen Kopf. Ich will auch immer noch schlauer werden. So blöd das klingt. Ich will immer mehr lernen und immer schlauer werden. Das ist ungefähr das gleiche Prinzip. Da ist mir das Lernen im Mathestudium mindestens genauso wichtig. Wenn nicht sogar noch wichtiger. Ich glaube, ich wäre lieber schmächtig und schlau, als breit und dumm. Das wäre für mich die Wahl zwischen Pest und Cholera, aber wenn ich mich entscheiden müsste, dann so.
erzählmal.: Du brichst schon das Klischee auf, dass der »Mucki-Typ« nichts im Kopf hat, oder?
Pascal: Ja, das ist echt so ein bisschen das Klischee. Aber das eine hat ja eigentlich nichts mit dem anderen zu tun. Ich weiß auch nicht, warum das Klischee oft erfüllt wird. Eigentlich muss man ja nicht entweder so oder so sein. Aber die meisten Leute sind überrascht, wenn sie erfahren, dass ich Mathe studiere. Ich kenne auch keinen anderen Mathestudenten, der Kraftsport macht.
erzählmal.: Ist das für dich nicht ein bisschen beleidigend, wenn man dich so unterschätzt?
Pascal: Nein, das finde ich gar nicht schlimm. Ich mag es, Leute damit zu überraschen, dass ich gar nicht so doof bin, wie ich aussehe. Wenn man unterschätzt wird, ist das eigentlich etwas Tolles. Dann kann man die Leute relativ schnell vom Gegenteil überzeugen. Und sie sind erstmal überrascht: »Du studierst Mathe?« Und dann kommen ungläubige Blicke. Das ist schon cool. Unterschätzt zu werden ist besser als überschätzt zu werden.
erzählmal.: Wie ist das mit der Ernährung, bist du da auch so diszipliniert?
Pascal: Ich versuche, grundsätzlich darauf zu achten. Es heißt, man soll 80% der Zeit gesund essen und 20% darf man »cheaten«, mit Chips oder Ähnlichem. Das klappt bei mir nicht immer ganz. Vor allem wenn ich in der Diätphase bin. Ich habe mir aber zum Beispiel angewöhnt, komplett auf Süßigkeiten zu verzichten. Ich esse gar keine Chips oder Gummibärchen, das mag ich gar nicht mehr. Und wenn ich für mich selbst koche, koche ich meistens etwas Gesundes.
»Ich esse eigentlich keine Mahlzeit, die nur aus Kohlenhydraten besteht.«
erzählmal.: Zwei Teller Nudeln mit Tomatensoße?
Pascal: Nein, da sind ja nicht mal Fleisch oder Proteine dabei. Wenn ich schon deftig esse, dann muss es auch etwas sein, was dem Muskelzuwachs nutzt. Ich esse eigentlich keine Mahlzeit, die nur aus Kohlenhydraten besteht. In der Definitionsphase kann es sogar schon mal sein, dass ein Salat eine Mahlzeit ist. Ich nehme dann auch kein Öl, sondern nur Balsamico Essig als Dressing. Der hat auch keine Fette. Man muss es nicht so genau machen, aber wenn man in der Diätphase ist, dann ist sowieso Geschmack sekundär. Ich übertreibe es meiner Meinung nach auch nicht. Es gibt immer genug Ausnahmen, z.B. wenn ich mit Kumpels essen gehe. Dann esse ich zwar trotzdem nur Salat, aber bestehe dann nicht darauf, dass kein Öl dran ist. Wenn ich für mich selbst koche, ist es mir dann aber wichtig sehr streng darauf achten.
erzählmal.: Kannst du dann Couchpotato-Abende mit Pizza überhaupt genießen?
Pascal: Ja, das kann ich schon. Ich bin ja kein professioneller Bodybuilder. Wenn ich mit dem Kraftsport mein Geld verdienen würde, würde ich das auf keinen Fall machen. Aber das Fitness-Training ist und bleibt ein Hobby für mich. Klar, ich habe auch mal intensivere Phasen, z.B. für den Sommer – da will ich gut aussehen. Wenn ich dann wieder Diät mache, geht das nicht mehr. Aber das könnte ich wirklich nicht immer durchziehen.